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Sudama

Krishna und sein Bruder Balarama studierten bei dem Weisen Sandipani. Krishna freundete sich mit Sudama an, dem Sohn des armen Brahmanen Paares Matuka und Rochana.

Eines Tages schickte der Guru beide ins Dorf, um Utensilien für die Verehrungsriten zu besorgen. Die Frau des Gurus gab ihnen Reiskuchen mit und sie machten sich auf den Weg. Sudama fragte Krishna: ‚Ich habe gehört du spielst Flöte, ich möchte deinem Spiel auch gern einmal lauschen.‘ Krishna erklärte ihm, dass das Vergangenheit sei und man niemals zurückschauen sollte.

Nach einiger Zeit begann es zu regnen. Beide setzten sich auf einen Baum. Es regnete sehr lange, die Reiskuchen hatte Sudama. Da er hungrig war aß er sie alleine auf und entschuldigte sich als der Regen aufgehört hatte bei Krishna dafür. Krishna antwortete: ‚Das macht nichts. Du hast sie nur geliehen, ich werde sie später essen‘.

Als sie wieder im Ashram waren erzählte Sudama dem Guru was geschehen war. Er war sehr traurig darüber und sprach: ‚Das ist sehr schade. Du hast dir selbst die Tür für die Sonne verschlossen. Du hast Gott veranlasst, zu deinem Schicksal eine unschöne Tat hinzuzufügen. Nur Krishna kann dir nun noch helfen. Da du die Tat bereust werde ich für dich beten.‘

Sudama fragte Krishna kleinlaut: ‚Hast du alles der Frau des Gurus erzählt?‘ Krishna lächelte und sprach: ‚Nein, warum sollte ich ihr das erzählen? Erinnere dich was der Guru dir dazu gesagt hat. Wegen einer kleinen Menge Reiskuchen geht eine Freundschaft nicht kaputt und was unter Freunden geschehen ist muss unter Freunden bleiben.‘

Krishnas und Balaramas Lehrjahre waren zu Ende. Der Guru und seine Frau hatten vor langer Zeit ihren Sohn verloren. Krishna wollte ihn zum Dank für die Zeit des Lernens dem Paar zurückbringen. Er und Balarama machten Sich auf die Suche nach ihm.

Da der Ort nahe des Ozeans war baten sie ihn, des Gurus Sohn zurückzugeben. Der Ozean erklärte ihnen, dass er den Sohn nicht bei sich habe, er sich jedoch vorstellen könne, dass der Dämon Panchajana, der im Ozean in Gestalt einer Muschel lebe, ihn bei sich habe. Krishna tauchte in den Ozean und fand Panchajana, er tötete ihn, konnte aber des Gurus Sohn nicht finden. So nahm er die Muschel und kam nach oben. Er ging zu Yama, den Herrn des Todes, und fragte nach dem Sohn. Yama erklärte ihm, dass es hier nur Seelen, keine Körper gebe. Krishna wiederholte nochmals, dass er den Sohn seines Gurus zurückhaben wolle. Yama übergab ihn ihm. Als Krishna und Balarama wieder in den Ashram kamen war die Freude groß, der verlorene Sohn war nach langen Jahren zu seinen Eltern zurückgekehrt.

Bevor die beiden zurückkehrten verabschiedete sich Sudama von Krishna: ‚Wirst du mich vergessen, wenn du in Mathura bist?‘ Krishna antwortete: ‚Wie könnte ich dich vergessen, wir sind Freunde und du musst mir noch den Reiskuchen zurückgeben‘. Sudama fragte: ‚Du erinnerst dich immer noch an diese Nacht?‘ Krishna erwiderte lächelnd: ‚Ja, ich bekomme noch etwas von dir, deshalb erinnere ich mich. Du hast mir noch etwas zu geben und hast es vergessen. Wir werden noch einmal aufeinandertreffen.‘ Sudama wurde nachdenklich.

Krishna und Balarama machten Sich auf den Weg nach Hause.

*  *  *

Kurze Zeit nach Krishna verließ auch Sudama den Ashram Sandipans und heiratete Sushila. Er war nach wie vor arm und hatte kaum genug, um seine Familie zu ernähren. So bekam er den Namen Kuchela (armer Mann). Sushila litt unter der Armut und erinnerte ihn immer wieder an seinen Freund Krishna, den er doch um Hilfe bitten könnte. Doch Sudama ignorierte diese Anspielungen.

Krishna war in der Zwischenzeit König von Dwaraka und lebte dort mit Seinen 16.108 Frauen. Das nahm Sushila zum Anlass, Sudama wieder einmal an Krishna zu erinnern. Diesmal stimmte Sudama zu, auch er sehnte sich nach der langen Zeit nach Krishna.

Sushila war froh und suchte nach einem Geschenk. Da sie selber nichts in der Küche hatte ging sie zu einer Nachbarin, die ihr einen Reiskuchen gab, mehr habe sie im Moment nicht. Sushila bedankte sich, wickelte den Reiskuchen ein und gab ihn Sudama als Geschenk für Krishna. Sudama machte sich auf nach Dwaraka. Auf dem Weg überlegte er, wie es wohl sein wird, sich nach so langer Zeit wieder zu sehen. Wie wird Krishna sich als König verhalten, wenn er ihn, den armen Freund, in seinem Palast empfängt. Wird er ihn überhaupt empfangen und erkennen?

Als er in Dwaraka ankam war er von der Herrlichkeit der Stadt tief beeindruckt. Er fragte nach Krishnas Palast, doch als er dort ankam ließen die Wachen ihn nicht ein. Er stelle sich als Freund Krishnas vor, was die Wachen nur zum Lachen brachte. Sie jagten ihn davon. Doch so leicht gab Sudama nicht auf. Er forderte die Wachen auf, Krishna zu informieren, dass sein Jugendfreund Sudama gekommen sei. Einer der Wächter ließ sich überreden und informierte Krishna, über den armen Brahmanen, der sich Sudama nennt und behauptet, ein Jugendfreund von ihm zu sein.

Krishna rannte barfuß hinaus, umarmte Sudama und nahm ihn mit in den Palast. So hatten die Wachen Krishna noch nie erlebt. Auch Krishnas Frau Rukmini war überrascht, mit welcher Ehrerbietung Krishna sich dieses zerlumpten Brahmanen annahm. Er setzte ihn auf sein Bett und wusch ihm die Füße. Dann setzte er sich neben ihn und legte seinen Arm um ihn. Sie fragte sich, was dieser arme Kerl wohl Gutes getan haben muss, um vom höchsten Herrn derart verehrt zu werden.

Krishna spürte, dass Sudama sich unwohl fühlte. Er wollte die Stimmung auflockern und fragte: ‚Was versteckst du da vor mir?‘ Und bevor Sudama antworten konnte schnappte Krishna sich den eingepackten Reiskuchen, den Sudama in seiner Hand hielt, und sprach: ‚Das ist der beste Reiskuchen, den ich je gegessen habe.‘

Sudama wurde königlich bewirtet, blieb über Nacht und schlief in Krishnas Bett. Am anderen Morgen verabschiedete er sich und ging zurück. Er verließ Dwaraka mit dem freudigen Gefühl, dass sein Freund ihn nicht vergessen hatte. Den wirklichen Grund seines Besuches hatte er total vergessen. Doch als er sich seinem Zuhause näherte fiel es ihm wieder ein, was sollte er seiner Frau nur sagen? In der Freude des Wiedersehens hätte er sich geschämt, etwas zu erbitten. Er musste ihr irgendetwas erzählen. Auf jeden Fall war er glücklich.

Mit diesen Gedanken kam er in sein Dorf, doch konnte er sein Haus nicht finden. An dessen Stelle stand nun ein Palast. Er schaute sich um, war er etwa falsch? Da sah er seine Frau von Balkon winken, sie kam herunter und hieß ihn willkommen. Sie nahm ihn mit in den Palast und erzählte ihm, dass sich ihre Hütte über Nacht in einen Palast verwandelt hatte.

Sudama war sehr froh und dankte Krishna. Doch er lebte nicht lange in dem Palast. Nach einiger Zeit baute er sich eine Hütte und begann wieder ein einfaches Leben.

 

Aus dem Englischen mit freundlicher Genehmigung von Sushma Gupta.