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Kapitel 19 bis 21

Vervollkommnung

Krishna sprach:

Der sein Selbst erkannt hat, der hat die Illusion der materiellen Erscheinungswelt erkannt. Er hat erkannt, dass Ich allein das Ziel des Lebens bin, kennt keine anderen Freuden als liebende Hingabe an Mich. Nichtig sind ihm Askese, Pilgerschaft, Sprechen von Gebeten und andere religiöse Handlungen.

Große Weise verehrten Mich in ihrem Herzen, wissend, dass Ich der höchste Herr bin. So zu Mir kommend erfuhren diese Weisen höchste Vervollkommnung.

Mein lieber Uddhava, Körper und Geist bestimmen dein Handeln. Doch sind sie Illusion, sie haben keine ewige Existenz. Geburt, Wachstum, Verfall und Tod haben keinen Bezug zu deinem wahren Selbst. Sie betreffen allein den Körper, der nur für eine bestimmte Zeit besteht.

Uddhava sprach:

Oh Herr des Universums, bitte erzähle mir über das Wissen, das zu Nichtanhaften und Erkenntnis führt. Gefangen bin ich im endlosen Kreislauf von Geburt und Tod, übermannt von Sorge und Leid. Keine andere Zuflucht als Dich kenne ich. Bitte rette mich aus dem dunklen Loch der materiellen Existenz. Nähre mich mit Deinem Nektar der Weisheit, damit ich ewige Befreiung (Moksha) erlange.

Krishna sprach:

Mein lieber Uddhava, dieselben Fragen stellte einst Yudhishthira Bhishma. Im Angesicht der vielen Gefallenen des Kurukshetra Krieges verlangte Yudhishthira danach, den Weg der Befreiung zu erfahren.

So will Ich nun zu dir über die ewige Weisheit der Veden sprechen, über die Erkenntnis des Selbstes, über Glaube und Hingabe, so wie wir es damals aus Bhishmas Mund vernommen haben.

Ich bin der Urgrund allein Seins. Ich bin der höchste Herr, der in allen Wesen weilt. Erkenne Mich in Dir, dann hast du dein Selbst erkannt.

Alle Materie unterliegt Werden, Sein und Sterben. Ewig ist allein das diese Phasen durchlebende Selbst.

Über das Wissen der Veden, durch Erkenntnis, Weisheit und Logik kann die Vergänglichkeit der materiellen Welt verstanden werden. Also werde frei von Dualität, zu glauben, ewige (Gott) und verkörperte Seele (Mensch), seien getrennt.

Lasse Mich dir nun den Weg der Hingabe an Mich beschreiben.

Preisen Meiner Herrlichkeit, erzählen und hören über Meine Taten, Mich verehren durch hingebungsvolle Hymnen, Mir dienen, Mich in allen Wesen erkennen, materielles Verlangen aufgeben, den Geist stets auf Mich richten, das sind die Wege der Hingabe an Mich.

Wer sein Bewusstsein auf Körper, Heim, Familie, Leidenschaften und materielle Objekte richtet, der rennt dem Vergänglichen hinterher und ist ein Sklave seiner Sinne.

Wer sein Bewusstsein auf Mich richtet, der erfährt Meine alldurchdringende Gegenwart und verliert die Anhaftung an Sinnesobjekte.

Uddhava sprach:

Oh Krishna, sprich zu mir über die Regeln und Pflichten im Leben, über die Erkenntnis des Selbstes, wie ist sie zu erlangen? Was ist Weltabkehr und was ist Streben nach Wohlstand? Was ist Glück und was ist Leid? Was ist Wissen und was ist Nichtwissen? Welcher ist der richtige und welcher der falsche Pfad im Leben? Was ist Armut und was ist Reichtum? Bitte erkläre mir all diese Gegensätze.

Krishna sprach:

Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Begierdelosigkeit, frei sein von Anhaftung, Demut, Besitzlosigkeit, Vertrauen in die Religion, Enthaltsamkeit, Stille, Standhaftigkeit, Vergebung und Furchtlosigkeit, das sind die zwölf Disziplinen.

Innere Reinheit, äußere Reinheit, das Singen Meines Namens, Askese, Opfer darbringen, Glaube, Gastfreundschaft, Verehrung Meiner, pilgern, handeln und wünschen nur im Interesse des Höchsten, Zufriedenheit, dem Lehrer dienen, das sind die zwölf Pflichten. Diese vierundzwanzig Grundlagen schenken alle nur erdenklichen Segnungen dem, der sie einhält.

Halte deine Sinne unter Kontrolle und richte deinen Geist auf Mich. Zügle deine Zunge und deine Genitalien. Gib jede Aggression gegen andere auf. Ertrage Leid. Sprich stets die Wahrheit. Sprich nur feine Worte. Sieh Mich in allen Wesen. Erkenne die Illusion der Erscheinungswelt. Sie ist vergänglich, Ich allein bin ewig.

Das höchste Ziel des Lebens ist Hingabe an Mich. Erkenne die Nichtigkeit der Dualität. Halte dich von Nutzlosem fern, wende dich dem Erhabenen zu, sei frei von Anhaftung.

Transzendente Freude ist der sinnlichen Freude überlegen. Leid ist, nach Lust sich zu sehnen. Der Wissende ist frei von Bindung, der Nichtwissende ist an Körper und Materie gebunden. Der rechte Pfad führt zu Mir, der nichtige Pfad führt zu Sinnesfreuden, die das Bewusstsein verwirren. Erhebend ist Wohlwollen, erniedrigend ist Neid.

Ich bin der Freund eines jeden, Mein Heim ist der Körper eines jeden. Der Tugendhafte ist reich, der Schändliche ist arm. Wer seine Sinne nicht unter Kontrolle hat ist ein Sklave. Wer sie unter Kontrolle hat ist ein Held.

Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, Mein lieber Uddhava. Stets nach Gut und Böse zu werten ist fruchtlos. Transzendiere die Gegensätze.

Hingabe übertrifft Wissen

Uddhava sprach:

Oh Lotusäugiger, Du bist der höchste Herr, die Veden, bestehend aus positiven und negativen Annahmen, sind Dein Gesetz.

Sie beschreiben die erhabenen und unterlegenen Handlungen. Sie lehren anhand von ehrenhaftem und ehrlosem Verhalten. Die Veden offenbaren Himmel und Hölle, welche auf Gut und Böse basieren.

Wie soll ich, ohne Gut und Böse zu unterscheiden, Deine Unterweisungen verstehen? Wie soll der Mensch auf der Suche nach Befreiung den rechten Pfad finden? Welches sind, neben den Veden, Deine Gesetze und Offenbarungen?

Krishna sprach:

Mein lieber Uddhava, drei Wege sind es, die den Menschen zur Vollkommenheit führen. Der Weg der Wissens, Jnana Yoga, der Weg des Handelns, Karma Yoga, und der Weg der Hingabe, Bhakti Yoga. Daneben gibt es keine Mittel zur Vervollkommnung.

Jnana Yoga, der Weg der philosophischen Betrachtung, ist für jene, die vom materiellen Leben Abstand genommen haben und frei sind von weltlichem Handeln. Die sich noch nicht vom materiellen Leben trennen können, die noch Wünsche offen haben, sollten den Weg des Karma Yogas wählen.

Wer Freude am Hören Meines Namens hat und gern Meine Herrlichkeit preist, möge er am weltlichen anhaften oder frei davon sein, der gehe den Weg des Bhakti Yogas.

Die Bewohner des Himmels und des Narakas ersehnen eine menschliche Geburt auf Erden, denn nur hier ist das Erfahren des transzendenten Wissens möglich. Der Weise allerdings sehnt sich weder nach Himmel, Naraka oder Erde, denn dieses Sehnen lenkt von den eigentlichen Pflichten des Daseins ab.

Der Vogel gibt sein Nest auf, wenn der Holzfäller, dem Tod gleich, den Baum fällt. Der Vogel sucht sich einen anderen Baum und lebt dort fröhlich weiter.

So der Körper stirbt bevor die Vervollkommnung des Lebens erlangt ist, setze die Seele in einem anderen Körper ihr Bestreben fort.

Jeder Tag verkürzt dein Leben. Gib alle materielle Anhaftung auf, richte deinen Geist auf Mich allein und erlange Zufriedenheit.

Der schwer zu erlangende menschliche Körper ist ein Boot. Der spirituelle Lehrer ist der Kapitän. Der höchste Herr ist der Wind, der den Kurs bestimmt. Der seine menschliche Geburt nicht nutzt, um den Ozean des Lebens  zu überqueren, der tötet seine Seele.

Wer nicht an materiellen Freuden anhaftet und seine Sinne unter Kontrolle hat, der richte seinen Geist auf Mich allein. Wendet sich der Geist ab, bringe er ihn sanft wieder zu Mir zurück.

Der erfahrene Reiter, der das Pferd zähmen will, lässt zuerst die Zügel locker, lässt dem Pferd seinen eigenen Willen. Dann nimmt er es an die Zügel und bringt es auf den gewünschten Weg. Ebenso bringe man den Geist Stück für Stück unter die Kontrolle des Selbstes.

Studiere die Vergänglichkeit der Erscheinungswelt. Beobachte das Entstehen und das Vergehen. Dann löse deinen Geist von der Illusion der Welt und der Identifikation mit der Materie.

Richte deinen Geist auf Mich allein. Dies gelingt durch Yoga, durch spirituelles Wissen und durch Hingabe an Mich. Sollte der Geist einen Moment abschweifen, dann verbrenne diese Handlung durch Yoga zu Asche.

So du Vertrauen in Meine Herrlichkeit gewonnen hat, der materiellen Welt überdrüssig geworden bist, das Leid der Sinnesbefriedigung erkannt hast, doch den Sinnesfreuden noch nicht widerstehen kannst, dann bleibe dennoch froh und verehre Mich mit Hingabe und Überzeugung.

Auch wenn dich die Sinnesfreuden hin und wieder übermannen, wirst du immer mehr erkennen, dass sie nicht zu Glückseligkeit führen und dich mehr und mehr abwenden.

Durch stetiges an Mich denken und Mich verehren werden materielle Wünsche vernichtet und Ich ziehe in das Herz des Bhaktas ein. Der Knoten wird gelöst, alle falschen Vorstellung werden in Stücke gerissen und die Kette fruchtloser Handlungen unterbrochen.

Für den der Mir mit Hingabe dient und stets an Mich denkt sind Ansammeln von Wissen und Verzicht nicht der richtige Weg um die höchste Vervollkommnung zu erlangen.

Alles was durch tugendhafte Handlungen, Askese, Wissen, Nichtanhaften, Yoga, Wohltätigkeit, Religion und andere, das Leben vervollkommnende Mittel erreicht werden kann ist für Meinen Bhakta einfach zu erlangen durch liebende Hingabe an Mich.

Meine Bhaktas weihen sich und alle ihre Handlungen Mir und sehnen sich nach nichts anderem als Mir. Selbst wenn Ich ihnen Befreiung aus dem Kreislauf von Geburt und Tod anbiete nehmen sie dies nicht an.

Nichtanhaften ist die höchste Stufe der Freiheit. Deshalb kann, wer keine persönlichen Wünsche hegt und keine Früchte aus seiner Handlung erwartet, über lange Zeit Mir dienen.

Kategorien wie Gut und Böse sind Meinem Bhakta fremd, ist er doch frei von weltlichem Verlangen und ruht stets in spirituellem Bewusstsein. Diese Bhaktas haben Mich, den höchsten Herrn, erreicht.

Wer diesen von Mir nun beschriebenen Weg geht, der wird frei von Illusion und erhält durch Mich das Wissen um die absolute Wahrheit.

Krishna beschreibt den Vedischen Weg

Krishna sprach:

Wer die Wege, Mich zu erreichen, nicht verfolgt, sondern sich der Materie und den Sinnen verschreibt, der wird den Kreislauf der Geburten in der Erscheinungswelt nicht vermeiden.

Oh Uddhava, stets gilt es zu unterscheiden zwischen rein und unrein, gut und böse, glückverheißend und nicht glückverheißend.

Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther sind die Elemente, die den Körper der bedingten Seele formen. Dies gilt von Brahma bis hin zum Unbewegten. Diese Elemente haben ihren Ursprung in Mir.

Obwohl alle Körper aus diesen fünf Elementen zusammengesetzt sind haben sie doch verschiedene Namen und Formen, damit die Wesen ihrer Lebensaufgabe nachkommen können. Ich habe dazu festgelegt, was richtig und falsch ist.

Orte, die frei von Antilopen und frei von Hingabe an Brahmanen sind, Orte, an denen Antilopen leben aber keine ehrenwerten Männer, Provinzen wie Kikata und Orte, an denen Reinheit und Reinigungsriten unterlassen werden, Orte, an denen Fleischesser in der Mehrzahl sind oder wo die Erde unfruchtbar ist, sind verseuchte Orte.

Eine bestimmte Zeit gilt als geeignet oder ungeeignet für die Durchführung der Pflichten. Eine Zeit, in der die Pflichten behindert werden gilt als ungeeignet.

Korn, Gegenstände aus Holz, Knochen, Erde, Faden, Haut werden gereinigt durch Zeit, Wind, Feuer, Erde, Wasser. Entweder separat und zusammen.

Als Reinigungsmittel ist angemessen was Böses oder Schmutziges entfernt und den Gegenstand so zu seiner wahren Natur zurückführt.

Das Selbst kann durch Bad, Askese, Alter, Stärke, Wohltätigkeit, Reinigungsriten, Pflichten und durch Erinnern Meiner gereinigt werden. Die Zwei Mal Geborenen (Dvija) sollten stets einen Reinigungsprozess durchlaufen, bevor sie ihre Tätigkeiten beginnen.

Ein Mantra ist rein, wenn es mit Hingabe rezitiert wird. Die Handlung ist rein, wenn sie Mir geweiht wird. Durch Reinhalten von Ort, Zeit, Substanz, Handelndem, Mantra und Werk wird man religiös. Bei Nichtbeachten dieser sechs ist man nicht religiös.

Handlungen, die eine erhabene Person erniedrigen führen keine Erniedrigung bei denen durch, die bereits gefallen sind. Wer auf dem Boden liegt, kann nicht tiefer fallen.

Abstand nehmen von materiellen Aktivitäten befreit von Bindung. Dies ist die Voraussetzung für ein religiöses und glückverheißendes Leben und befreit von Illusion, Leid und Furcht.

Wer Sinnesobjekte als erstrebenswert betrachtet wird sich an sie binden. Daraus resultiert Begehren und Begehren führt zu Streit. Aus Streit resultiert Ärger der in die Dunkelheit führt.

Oh Uddhava, wer in die Dunkelheit fällt wird allem beraubt. Abgetrennt vom wahren Sinn des Lebens verfällt er der Dumpfheit, er ist im wahrsten Sinne des Wortes tot. Den Sinnesobjekten verfallen, ist der Mensch nichts weiter als ein Blasebalg.

Ab der Geburt bindet sich der Mensch an seine Sinne, wünscht ein langes Leben, körperliche Stärke, sexuelle Potenz, Freunde und Familie. Seine Gedanken sind damit derart gefangen, dass er den wahren Sinn seines Lebens nicht erkennt.

Diese Menschen verstehen das höchste Wissen der Veden nicht. Sie glauben, das höchste Wissen seien die blumigen Worte der Veden, die materielle Belohnung versprechen.

Menschen, die auf Sinnesfreuden ausgerichtet sind und die Vedischen Riten hochhalten, können Mich nicht in ihren Herzen wahrnehmen. Sie wissen nicht, dass das gesamte Universum durchdrungen ist von Mir und Ich das gesamte Universum durchdringe. Der Rauch des Feuers lässt sie das Feuer nicht erkennen.

Die die Befriedigung der Sinne als höchstes Ziel erachten, verstehen die Schlussfolgerung der Veden, wie Ich sie erkläre, nicht. Sie erfreuen sich an Gewalt, am Töten von Tieren zur Befriedigung ihrer Zunge und an Ahnenriten. Dies wird nirgends in den Veden beschrieben.

Sie haften an Materie und Leidenschaften, verehren die von Indra angeführten Götter, die selbst Leidenschaften ausgesetzt sind. Sie vergessen, Mich zu verehren.

Die Verehrer anderer Götter denken‚ ‚wir verehren in diesem Leben die Götter und gehen durch Opfer in ihre Reiche ein. Danach werden wir in eine hoch angesehene Familie geboren werden‘. Diese Menschen sind durch die blumigen Worte der Veden in Verwirrung geraten. Sie gedenken nicht Meiner, dem höchsten Herrn.

Die Veden beschreiben die Wesen als reine Seelen. Die Seher allerdings verfassten sie in einer schwierigen Sprache. Das transzendente Wissen der Veden ist schwer zu verstehen. Es ist wie der Ozean – unendlich, tief und unfassbar.

Als unbegrenzter, unwandelbarer und allmächtiger Herr wohne Ich den Veden inne. Ich erschuf ihren Klang durch die Vibration der Silbe AUM. So wie die Spinne den Faden aus sich entlässt, so entließ ich die Metren (Chanda) der Veden.

Diese Metren sind Gayatri, Usnik, Anustup, Brihati, Pankti, Tristup, Jagati, Aticchanda, Atyasti, Atijagati und Ativirat.

Keiner außer Mir versteht den geheimen Zweck des Vedischen Wissens. Die Menschen wissen nicht, was die Riten gemäß des Karma Kandas bewirken. Sie wissen nichts über die Verehrung, wie sie der Upasana Kanda beschreibt. Der Jnana Kanda bleibt ihnen verborgen.

Ich bin das Opfer und der zu verehrende Herr. Ich bin die philosophische Hypothese und Ich bin der, der durch philosophische Analyse widerlegt wird. Ich bin die transzendente Vibration der Veden. Die Veden erkennen die Dualität der Erscheinungswelt als die von Mir geschaffene Illusion und verwerfen diese Dualität.